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Im vergangenen Jahr wurde das 500te Jubiläumsjahr Tizian’s Assunta (Aufnahme Mariens in den Himmel) in der Frari Franziskaner Kirche gefeiert.

Tizian, Aufnahme Mariens in den Himmel

Tizian, Aufnahme Mariens in den Himmel

Dieser gotische Sakralbau hütet weitere Kunstschätze und Meisterwerke, die ebenfalls Meilensteine der Geschichte der venezianischen Malerei bilden.

Hier begegnet man nämlich Giovanni Bellini’s Pala Pesaro.

Die Altartafel ist Johannes Bellinus F. (Giovanni Bellini) signiert und 1488 datiert.

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

UNGLAUBLICHE TIEFE

Wenn man die heutige Sakristei betritt und die Pesaro Kapelle betrachtet, bleibt einem immer der Atem sofort aus, wenn man zum Triptychon (damals noch sehr üblich) auf dem Hochaltar schaut.

Desto mehr man zu Maria schaut, desto mehr hat man den Eindruck, als ob sich Maria vom Hintergrund und der goldenen Konche (einer halbrunden Nische) loslösen würde. Man muß einmal, dann ein zweites Mal schauen, um sich zu vergewissern, daß die Tafel aus Pappelholz wirklich flach ist.

Giovanni Bellini, Pala Pesaro, Detail

Giovanni Bellini, Pala Pesaro, Detail

Wie hat dieser Frührenaissance Maler Bellini es geschafft, diese Perspektive zu schaffen?

Bellini hat erstens Maria und die 2 Engel in eine Dreiecksform eingebunden; zweitens verläuft das Muster des hölzernen Rahmens  in das Innere des Bildes weiter und dadurch wird der wirkliche Raum im Inneren verlängert und drittens öffnet sich der Hintergrund zu einer leicht angedeuteten Landschaft.

SACRA CONVERSAZIONE

Das Bild ist ein sehr gutes Beispiel der typischen italienischen Malerei der Zeit, einer Sacra Conversazione. Sacra Conversazione wird als heilige Unterhaltung oder Unterredung übersetzt, korrekter wäre es als heilige Zusammenkunft von Heiligen an der Gegenwart Mariens zu reden, in diesem Fall alle Mitglieder der Familie Pesaro, Vater und 3 Söhne.

Die thronende Maria sitzt im Mittelpunkt mit Jesus auf dem Schoß, von den heiligen Petrus, Nikolaus, Markus und Benedikt umgeben.

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

In unserer Führung werden wir erklären, warum 1478 nach dem Tod von Franceschina Pesaro ausgerechnet diese vier Heiligen ausgesucht wurden.

BELLINI, MANTEGNA UND DIE RENAISSANCE

Bellini ist der wichtigste Hauptvertreter der Frührenaissance in Venedig; die Renaissance, d.h. die Wiedergeburt der Antike, kam nach Venedig wesentlich später als in anderen italienischen Städten, erst am Ende des XIV. Jahrhunderts.

Bellini‘s Vater Jacopo war ein hoch angesehener Maler, sein älterer Bruder (oder Halbbruder) Gentile war ebenfalls ein berühmter und geschätzter Maler, aber einen entscheidenden Einfluß übte auf Bellini Andrea Mantegna aus, der seine Schwester Nicolosia geheiratet hatte, also sein Schwager war.

Sein Vorbild Andrea Mantegna war in nahem Padua tätig, wo sich einige Maler Paolo Uccello, Filippo Lippi und Künstler wie Donatello aus Florenz niedergelassen hatten und die neuen Prinzipien der Renaissancekunst mitgebracht hatten.

Der tote Christus, einer der Meisterwerke von Mantegna in Brera in Mailand beweist seinen krassen Verismus und seine zeichnerische Härte.

Bellini setze sich intensiv mit diesen neuen Ideen und Idealen der Renaissance auseinander, und schaffte es, harmonisch Farbe und Raum zu verbinden.

In unserer Führung werden wir über die Anregungen von Antonello da Messina reden, über Proportionen, Harmonie und Perspektive, über Homo Faber und sein Streben nach Handeln und Schaffen, über Leonardo‘s goldenen Schnitt und die Bedeutung der Erfindung des Buchdruckes für Venedig.

In der Pesaro Tafel erkennt man sofort das Interesse Bellini‘s am menschlichen Individuum. Die Heiligen wirken realistisch, ohne Heiligenschein, die Gesichter drücken Gefühle aus, die Wirkung von Intimität ist reel. Die menschliche Anatomie stimmt.

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

Giovanni Bellini, Pala Pesaro

TECHNIK

Bellini war auch ein großer Kenner der Techniken, der Bindemittel und Farben.

Wir werden auch über Farben (Grundlage Bleiweiß, schwarz Kohle, Blau ultramarin aus Lapislazuli) und Materialien reden. Bellini hat die Tempera Malerei (wo die Pigmente mit einem Bindemittel aus Wasser-Öl gebunden werden) bevorzugt, obwohl er sich auch der Öltechnik bedient hat, also öfters einer Mischtechnik.

Wir können zusammen weitere Bellini Bilder in anderen Museen Venedigs bewundern, hauptsächlich zartfühlende Madonnendarstellungen, wo die Wirkung plastisch ist und auch die Landschaft nicht mehr nur ein bloßes Beiwerk ist.

Auch Dürer lobte während seines Venedig Aufenthaltes in einem Brief an Willibald Pirckheimer in Nürnberg Sambellig sehr, also Bellini am 7. Februar 1506.(1)

Fiona Giusto
www.venicetours.it

(1) Der Pest jm Gemoll

der hett mich vor vill czentillomen fast ser
globt. Er wolt geren ettwas von mir haben vnd jst
selber zw mir kumen vnd hat mich gepetten, jch
solt jm etwas machen, er wols wol czalen. Vnd
sagen mir dÿ lewt alle, wy es so ein frumer man
seÿ, daz jch jm gleich günstig pin. Er jst ser alt vnd
jst noch der pest jm gemoll.

 

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