Sie waren schon mehrmals in Venedig und möchten nun einen ehemaligen privaten Palast am Canal Grande besichtigen. Dann eignet sich Ca’ Rezzonico bestens dafür.
CA’ REZZONICO
Der Palast wurde 1936 als städtisches Museum der venezianischen Kunst des 18. Jahrhunderts eröffnet und bietet heute noch einen unübertreffbaren Überblick auf die Malerei, Architektur, Kultur und Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Über Porzellan können Sie hier zwei Beiträge von mir lesen:
Giovanni Vezzi
Geminiano Cozzi
Heute möchte ich Ihnen den ersten Saal, den herrlichen Tanzsaal präsentieren.
Der Saal, 24 Mt. x 14 Mt. wurde von Giorgio Massari, dem Architekten der Familie Rezzonico, in der Mitte des 18. Jahrhunderts geplant. Er gestaltete die doppelte Höhe von 2 Etagen zu einem einzigen Raum um, indem er die Decke der ersten schon existierenden Etage, die vom Architekten Baldassare Longhena 100 Jahre zuvor für die Familie Bon geplant worden war, abriss. Durch den Tod Longhenas und den finanziellen Zusammenbruch der Familie war der Palast nämlich unvollendet geblieben.
Sobald man durch das elegante Treppenhaus den Tanzsaal erreicht, richtet sich unsere Aufmerksamkeit auf die freskierte Decke mit den zwei Lüstern.
Die Unterlagen zum Auftrag fehlen; bis 1930 wurde die Decke Jacopo Guarana zugeschrieben. Erst dann wurde sie dem Maler Giambattista Crosato und die Architektur (gemalte Rahmenarchitektur der Decke mit Säulen und Pilastern an den Wänden) Pietro Visconti zugeschrieben.
DIE DECKE VOM TANZSAAL
Crosato malte an der Decke Apollo, der den Wagen über die vier Kontinente führt, an den Wänden die vier Grisailles mit den Exploits von Apollo, er malte das Wappen der Familie Rezzonico und den Diener links des Haupteinganges.
Der Rahmenmaler Mengozzi Colonna war vielleicht derjenige, der Crosato der Familie Rezzonico vorgeschlagen hatte, da der europaweit angefragte venezianische Maler Giambattista Tiepolo gerade in Würzburg beschäftigt war.
In der Mitte erkennt man Apollos Viergespann, Beine der Mägde und Hufen der Pferde, umgeben von einer als Rahmen dienenden Balustrade und den Allegorien der vier Kontinente in der Form von reichbekleideten Damen.
Apollo, der Gott der Sonne, hält die Zügel der Quadriga fest in seinen Händen. Zu seinen Seiten die Morgenröte mit der Fackel und unten Cupid mit Köcher und Bogen.
Europa zeigt mit ihrem Finger zu Apollo, eine Magd reicht ihr einen Tempel und andere Putti bieten einen Korb mit Kronen und Juwelen an. Unter ihr Trophäen und gefesselte Gefangene.
Rechts erkennt man Asien mit Pfeilen in der Hand, mit einem Kamel, einer Jägerin und einem Kohlenbecken mit Düften mit einer kleinen Statue, wahrscheinlich Apollo.
Weiter Afrika mit einer Krone aus Korallen, einem Strauch aus Halmen links und einem Pfeil; rechts erkennt man einen Teppich von Getreide, links einen Trommelspieler. Zur rechten Seite einen Elefanten, Löwen und Jäger.
Die Jägerin Amerika wendet uns den Rücken zu; sie ist von Frauen mit Federn umgeben, davon eine mit einem Papagei, unten droht ein Krokodil.
Dem Rahmen entlang erkennt man noch die Sternzeichen und die Allegorien der Winde, zwischen den gemalten Säulen Apollo und Marsyas über dem Haupteingang und Apollo und Koronis über dem Wappen, Zephir und Flora, Apollo und Pyton, Hebe, Klythia,
GIAMBATTISTA CROSATO
Sohn eines Bäckers wurde Crosato 1697 wahrscheinlich in Treviso geboren, in demselben Jahr Canalettos und ein Jahr nach Tiepolo. Crosato galt zu Lebzeiten als den ‚Verfolger‘ des legendären, alle überragenden Tiepolo.
Seine Bildung erfolgte in Venedig. Er betrachtete sich als Venezianer, in Piemont war er als Crosato der Venezianer bekannt.
Mehr als zweimal, wie bis vor kurzem behauptet, war er in Turin, damals ein vitales Zentrum der Kunst in Italien. Dort arbeitete er im Schloss Stupinigi, im Palazzo Reale für Vittorio Amadeo von Savoyen und malte den Vorhang für das Teatro Regio. Er arbeitete in Villen auf dem Festland wie Mestre, Treviso.
Tätig war er auch in Venedig in Ca‘ Pesaro anlässlich der Hochzeit von Caterina Sagredo mit Antonio Pesaro und mit der Via Crucis in Santa Maria del Giglio. Er starb 1758 in der Pfarrei von San Marcuola.
Die Szene in Ca’ Rezzonico war gedacht worden, vom Eingang her betrachtet zu werden. Sein Apollo öffnet nicht eine neue Welt wie Tiepolo, sondern ruft ein märchenhaftes Auftreten hervor.
Er kannte den Stich von 1728 von Salomon Kleiner mit dem identischen Thema von Johann Rudolph Bysse und natürlich das Werk von Tiepolo in Mailand im Palazzo Clerici in 1740.
RESTAURIERUNG DER DECKE
Die freskierte Decke des Tanzsaales war Mitte des 19. Jahrhunderts ein erstes Mal mit Öl übermalt worden, um die Farben leuchtender zu machen; dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde die Grundlage mit über 7000 Schrauben an den Holzbalken der Decke festgemacht.
Die Köpfe der Schrauben wurden mit Seide überzogen und die Farbe dieser, mit der Farbe der Szene getarnt, von unten also nicht erkennbar. In den 70er Jahren wurden diese dann während der dritten Restaurierungsarbeit entfernt. Die Schrauben aus Eisen waren verrostet, sie hatten sich von der Grundlage der freskierten Szene entfernt und Schwellungen im Holz waren entstanden.
Weitere Schäden waren vom Schwanken des Daches verursacht worden. Die Pigmente der ersten Restaurierungsarbeit waren außerdem oxidiert. 2000 Messingschrauben haben damals die alten ersetzt.
Bei den letzten Renovierungsarbeiten wurde eine besondere Flüssigkeit hineingespritzt, die alten neu aufgelegten Farben wurden entfernt und die Schattierungen, die Crosato nachträglich a secco hinzugefügt hatte, kamen ans Licht. Die Fresken beim Hineintreten links hatten sich gewölbt. Die Grundlage ist zwischen 6 und 9 cm als Folge sehr starr.
Möchten Sie mehr über die Restaurierungsarbeiten während einer Führung erfahren?
Fiona Giusto
www.venicetours.it